Versicherungen im Kontext pränataler Diagnosen

Krankenversicherungen sind sehr speziell und selbst bei Versicherungsvermittlern, die nicht auf Krankentarife spezialisiert sind, gibt es in dieser Angelegenheit sehr viel Halb- und Unwissen. Für Kinder gibt es einen gesetzlichen Kontrahierungszwang, also die Pflicht zu versichern. Ganz unabhängig von Anomalien, Gebrechen, Geburtsschäden oder Erbkrankheiten darf der Versicherer dafür keinerlei Zuschläge erheben oder Wartezeiten verlangen. Das bedeutet: Anders als bei Erwachsenen kostet jedes Kind im selben Tarif bei derselben Versicherungsgesellschaft gleich viel. Worauf Sie als werdende Eltern achten müssen, ist dass Sie die Fristen und Bedingungen für die Anmeldung Ihres Nachwuchses einhalten.

Unter welchen Bedingungen kann ich mein (ungeborenes) Kind privat krankenvollversichern oder eine private Zusatzversicherung abschließen? Wann besteht „Kontrahierungszwang", d.h. sind die Krankenkassen dazu verpflichtet, das Kind zu versichern?

Gemäß § 2 Teil II Abs. 3 der Musterbedingungen für die Krankheitskosten- und Krankenhaustagegeldversicherung (MB/KK 2009) werden Neugeborene, für die eine Krankheitskosten- und/oder Krankenhaustagegeldversicherung beantragt wurde, unter bestimmten Voraussetzungen ohne Wartezeiten und auch ohne Risikoprüfung versichert.

Dies bedeutet, dass Neugeborene ab Geburt vollen Versicherungsschutz haben.

Folgende Voraussetzungen müssen hierbei erfüllt sein:

  • am Tage der Geburt muss ein Elternteil mindestens 3 Monate beim Versicherer versichert sein,
  • die Anmeldung zur Versicherung für das Kind muss spätestens 2 Monate nach dem Tag der Geburt rückwirkend zum Geburtstermin erfolgen
  • der Versicherungsschutz für das Kind darf nicht höher oder umfassender als der eines versicherten Elternteils sein. Es besteht jedoch die Wahlmöglichkeit hinsichtlich des Versicherungsumfanges – Es kann sich für den umfangreicheren Versicherungsschutz eines der beiden versicherten Elternteile entschieden werden.

Da bei Erfüllung dieser Voraussetzungen keine Risikoprüfung erfolgt, besteht auch für angeborene Missbildungen und Krankheiten, die während der zweimonatigen Anmeldefrist aufgetreten sind, voller Versicherungsschutz.

Spielt es eine Rolle wenn Eltern nicht verheiratet sind?

Nein, es spielt dabei keine Rolle. Das Kind kann auch über den Vater versichert werden, wenn die Eltern nicht verheiratet sind.

Was gilt bei Adoptionen?

Das spielt keine Rollen, wenn das Kind zum Adoptionszeitpunkt noch nicht volljährig war. Allerdings ist hier je nach Anbieter ein Beitragszuschlag möglich.

Kann bzw. muss die Krankenvoll- oder Zusatzversicherung bereits vor der Geburt abgeschlossen werden?

Nein, man kann eine Versicherung nicht vor der Geburt abschließen! Das Kind muss erst auf der Welt sein.

Ist eine private Pflegezusatzversicherung sinnvoll?

In der gesetzlichen und privaten Krankenversicherungen ist eine Pflegepflichtversicherung enthalten. Diese zahlt jedoch nicht in ausreichender Höhe, um einen Verdienstausfall abzufedern oder spezielle Therapien zu bezahlen. Um diese Lücke zu schließen, ist der Abschluss einer zusätzlichen privaten Pflegeversicherung sehr zu empfehlen, denn mit einer vorgeburtlichen Erkrankung geht oft auch erhöhter Pflegebedarf einher und ein Pflegegrad kann festgestellt werden. Wir raten hier, wenn eine Pflegebedürftigkeit absehbar ist, den Maximalbetrag auszuschöpfen (Einmalzahlung und monatliche Zahlungen). Somit können sie beispielsweise bis zu 4.500€ monatlich erhalten.
Wichtig: auch hier wird das Kind nur ohne Wartezeit und medizinische Prüfung versichert, wenn ein Elternteil bereits drei Monate im gleichen Tarif versichert ist. Das bedeutet, Vater oder Mutter sollten bei Bedarf bereits kurz nach der Diagnose (z.B. in der SSW 21) eine Versicherung für sich selbst abschließen. Wird das Kind zu früh geboren und kann daher nicht mitversichert werden oder der Pflegefall tritt nicht ein, kann die Versicherung je nach Anbieter auch monatlich gekündigt werden.

Bis wann muss die Versicherung spätestens nach der Geburt abgeschlossen werden?

Die Anmeldung zur Versicherung für das Kind muss spätestens 2 Monate nach dem Tag der Geburt rückwirkend zum Geburtstermin erfolgen.

Wie muss der Antrag erfolgen?

Eine einfache Abgabe einer Willenserklärung im Rahmen der Kindernachversicherung reicht. Entscheidend ist, dass der Antrag zur Kindernachversicherung spätestens 2 Monate nach der Entbindung bei der Versicherung eingegangen sein muss. Man sollte sich daher den Eingang bestätigen lassen z.B. Fax-Sendebericht, Eingangsstempel, E-Mail Empfangsbestätigung o.ä.

Ist ein agenturgebundener Makler die richtige Wahl oder hat er eventuell kein Interesse und verzögert ggf. wegen Einhaltung von Fristen?

Die Wahl für einen freien Versicherungsmakler, einem angenturgebundenen Versicherungsvermittler oder direkt über die Hauptstelle der Versicherung ist egal. Es besteht Versicherungspflicht, wichtig ist nur, dass man die rechtzeitig eingegangene Willenserklärung zur Nachversicherung nachweisen kann.

Ist die Beihilfe auch mit einer gesetzlichen Krankenversicherung kombinierbar? Also hat man auch Anspruch auf Leistungen der Beihilfe, wenn man sich gesetzlich versichert?

Es ist nicht kombinierbar, d.h. entweder oder, also entweder Kassenleistung oder Bezug von Beihilfe.

Oft haben Beamtinnen und Beamte die Möglichkeit, den Nachwuchs alternativ zur Beihilfe auch in der beitragsfreien Familienversicherung der gesetzlichen Krankenkasse des anderen Elternteils anzumelden.

Grundsätzlich sind die Beihilfesätze des Elternteils, je nach Bundesland und Ehe-Status und/oder wie viele Kinder in der Beihilfe versichert sind, unterschiedlich. Die Beihilfe fürs Kind beträgt zwischen 55 bis 80 Prozent. Allgemein kann gesagt werden, dass vor allem, wenn die Alternative die Familienversicherung der gesetzlichen Krankenkasse ist, die Variante über die Beihilfe aufgrund des Preis-Leistungs-Verhältnisses zu empfehlen ist. Und auch hier gilt: Die Gesellschaft, bei der Sie als Elternteil selbst versichert sind, muss Ihren Nachwuchs nach der Geburt ohne Gesundheitsprüfung zu Normalkonditionen annehmen, auch wenn das Baby nicht ganz gesund zur Welt kommen sollte (vgl. §198 VVG).

Wozu braucht man überhaupt eine Zusatzversicherung?

Private Zusatzversicherungen zahlen Leistungen, die von der gesetzlichen Krankenkasse nicht übernommen werden. Unterschieden werden ambulante und stationäre Ergänzungstarife sowie Zahnzusatzversicherungen. Das sind z.B. im Dentaltarif Dinge wie eine kieferorthopädische Behandlung mit modernen Methoden und Hilfsmitteln. Bei stationären Zusatzversicherungen wird man in der Behandlung einem Privatpatienten gleichgestellt.
Aber auch das Rooming-In im Krankenhaus, also dass Sie als Eltern im Zimmer mit Ihren Kindern übernachten dürfen, wird von der Zusatzversicherung übernommen. Dies ist nicht immer über die gesetzliche Versicherung abgedeckt, z.B. bei älteren Kinder. Schließlich ist leider vermehrt mit diversen Krankenhausaufenthalten zu rechnen. Im ambulanten Bereich umfasst der zusätzliche Versicherungsschutz Leistungen wie alternative Heilmethoden oder auch regelmäßig eine neue Brille.

Zusatz- oder Ergänzungsversicherung?
  • Wenn Sie gesetzlich versichert sind und einfach nur bestimmte Dinge abdecken wollen, die im Leistungskatalog der Krankenkassen nicht enthalten sind – wie zum Beispiel Zahnersatz, Sehhilfen oder Heilpraktikerleistungen – dann ist die Ergänzungsversicherung die richtige Wahl.
  • Wenn Sie auch als gesetzlich Versicherte(r) eine Behandlung wie ein Privatpatient kommen wollen, schließen Sie dafür eine Zusatzversicherung nach dem Kostenerstattungsprinzip ab. Die Varianten beim Leistungsumfang sind dabei jedoch je nach Tarif sehr unterschiedlich.
Wieviel kostet eine private Krankenversicherung für Babys?

Eine private Krankenvollversicherung kostet auf jeden Fall immer weniger als eine Krankenversicherung für Erwachsene. Sofern das Kind ab Geburt versichert wird, bezahlt man keinerlei Zuschläge. Je nach Versicherung, Leistung und vereinbarter Selbstbeteiligung liegen die Tarife zwischen 100 Euro bis knapp unter 200 Euro.

Hier noch ein paar letzte Tipps...

Was ggf. zu tun ist, wenn das ungeborene Kind mit eventueller Behinderung oder Erkrankung zur Welt kommen wird und eine private Zusatzversicherung gewünscht werden sollte:

  1. Die werdende Mutter oder der Vater (oder auch beide) schließen für sich selbst eine private Zusatzkrankenversicherung ab. In den ersten drei Monaten der Schwangerschaft sollte es für Frauen noch unproblematisch sein, einen Versicherungsschutz zu bekommen. Danach ist es tendenziell einfacher, wenn der Vater sich darum kümmert. Er muss im Gegensatz zur Mutter auch keinerlei Gesundheitsfragen beantworten, die auf eine werdende Vaterschaft hindeuten.
  2. Damit der Kontrahierungszwang greift, muss der Versicherungsbeginn unbedingt mindestens drei Monate vor der tatsächlichen Geburt liegen. Hier sollten Sie also besser etwas Puffer einplanen, falls das Baby früher als erwartet zur Welt kommt.
  3. Sobald das Kind geboren ist, können Sie Ihr Baby dann direkt (der Kontrahierungszwang nach § 198 VVG) bei Ihrer Gesellschaft anmelden. Ohne Gesundheitsprüfung, ohne Wartezeiten, Zuschläge oder Ausschlüsse.
  4. Ob Sie als Eltern dann den zusätzlichen privaten Versicherungsschutz für Sie selbst über die Mindestvertragslaufzeit hinaus nutzen wollen, bleibt Ihnen überlassen. Denn wenn das Kind einmal Versicherungsschutz hat, dann besteht dieser unabhängig vom Versicherungsschutz der Eltern.
Welche weiteren Versicherungen sind ggf. sinnvoll oder möglich?
  • Zahnzusatzversicherung
    Ja, hier wird nur das Zahnrisiko geprüft.
  • Familienrechtsschutz aufgrund erhöhtem Risiko bzgl. Ärger mit Ärzten und Krankenkassen:
    Es besteht im Rahmen der Versicherung der normale Versicherungsschutz über Privat- oder Sozial-Rechtsschutz. Wichtig: die Rechtschutzversicherungen greifen erst nach einer 3-monatigen Wartezeit. Damit schließen die Versicherungen aus, dass eine Rechtschutzversicherung erst dann abgeschlossen wird, wenn bereits ein Rechtsstreit ansteht oder bereits anhängig ist.
  • Berufsunfähigkeitsversicherung – solange man noch keine Diagnose hat?
    Eine Berufsunfähigkeitsversicherung kann erst abgeschlossen werden, sobald die zu versichernde Person auch berufstätig ist und ein eigenes Einkommen hat.
  • Krankenhaustagegeld
    Beim Krankenhaustagegeld erfolgt eine normale Risikoprüfung. In der Regel werden jedoch Krankenhausaufenthalte, die mit der Grunderkrankung zusammenhängen, davon ausgeschlossen.
  • Reiserücktritt- / Abbruchversicherung für chronisch kranke Kinder
    Auch hier wird wahrscheinlich ein Ausschluss erfolgen, wenn der Reiserücktritt oder -abbruch aufgrund eines Falls eintritt, mit dem Aufgrund der Erkrankung zu rechnen ist. Die Reiserücktritskosten / Abbruchversicherungen treten nur für den Fall in Leistung, wenn ein Grund eintritt, der nicht vorhersehbar ist und mit der Vorerkrankung nicht in Verbindung steht. Die Abgrenzung hier könnte zum Teil problematisch werden. Bei Travelsafe gibt es spezialisierte Reiserücktrittsversicherungen für Herzkranke, Organtransplantierte und Dialysepatienten.

Alle hier von uns gemachten Angaben wurden von uns nach bestem Wissen wiedergegeben. Sie dienen allerdings nur als erste Hilfsrichtung und ersetzen keine Beratung. Eine Haftung für die Richtigkeit der Angaben kann nicht übernommen werden.