Löwenmaus erhielt als vorgeburtliche Diagnosen: Hydrothorax, Chylothorax und Hydrops fetalis

Bevor ich von unserer Löwenmaus schreibe, möchte ich kurz über unsere Vorgeschichte schreiben, da sie maßgeblich zu dem Überleben unserer Tochter beigetragen hat. 

Im Januar 2021 brachte ich unseren Sohn L. aufgrund einer mehrfachen Nabelschnurverschlingung still zur Welt. 

Im September 2021 durfte ich wieder positiv testen. Das Freude war riesig – aber durch unsere Vorgeschichte war die Schwangerschaft auch von vielen Ängsten geprägt. Anfänglich durfte ich deshalb bis zur 16. SSW zweiwöchentlich zur Ultraschalluntersuchung, machte den Fetalistest, damit wir uns im Zweifelsfall auf ein besonderes Kind einstellen konnten, nahm einen Termin bei der Feindiagnostikerin in der 22. SSW wahr und hatte eine körperlich völlig unauffällige Schwangerschaft.

Irgendwann merkte ich, dass mein Bauch stetig praller wurde, ich Schmerzen hatte – die Sono in der 26. SSW war unauffällig, die Fruchtwassermenge laut behandelndem Gynäkologen in der Norm.
An einem Februartag – ich war in der 28. SSW – hatte ich das Gefühl, dass etwas nicht stimmte, ging außerplanmäßig zu meinem Frauenarzt und beharrte auf einen Ultraschall. Dieser bestätigte: der Thorax war massiv flüssigkeitsgefüllt, die Lungen flatterten in der Flüssigkeit hin und her, das Herz schien Probleme zu haben, gegen den Druck der Flüssigkeit anzukommen. Wir wurden zur Feindiagnostik weiter überwiesen – dort wurde nach Bestätigung der Diagnose „Hydrothorax“ gesehen, dass auch ein kraniales Hautödem, und Ödem der Bauchwand bestanden. Es wurde direkt Fruchtwasser punktiert, FISH-Test und TORCH-Serologie wurden eingeleitet. 

Die Feindiagnostikerin überwies uns zu einem Neonatologen in eine Klinik in Hannover. Wir sollten vier Tage später dort vorstellig werden, vielleicht könne man den Thoraxerguss punktieren, sie mache sich aber Sorgen wegen der Hautödeme. An einem Montag wissen, dass das Kind schwer krank ist und bis Freitag damit warten? Das schien uns beiden zu lang. Ich begann zu googeln, meine Eltern durchsuchten auch das Internet, wir stießen auf die Seite des DZFT von Prof. Dr. Thomas Kohl und einen verlinkten Fallbericht auf der Seite des BFVEK.
Dass ich mich im Zuge des Trauerprozesses um unseren Sohn sehr intensiv mit anderen Sternenmüttern verknüpft hatte, war nun das Zünglein an der Waage. Nachdem ich in unserer Not einige befreundete Sternenmamas anschrieb, wurde uns von Dreien Professor Kohl empfohlen. „Wenn euch jemand helfen kann, dann er.“

Gesagt, getan. Am nächsten Tag rief mein Mann bei Prof. Kohl an, wir schickten die Befunde und er bestellte uns für den nächsten Tag ein. Zu Thoraxerguss und Hautödemen hatte sich ein Bauchhöhlenerguss gesellt, die Lungendurchblutung war deutlich eingeschränkt, die Kindsbewegungen waren gering und die Fruchtwassermenge erhöht.

Die erste OP erfolgte am folgenden Tag in Allgemeinanästhesie. Zwei Pigtail-Katheter wurden endoskopisch in den Brustkorb unserer Maus eingesetzt, Fruchtwasser wurde abgelassen. Die OP zeigte schnelle Verbesserung, es folgten einige Tage später eine weitere Fruchtwasserpunktion und ca. 2 Wochen nach dem ersten Eingriff eine erneute Shunt-OP, da die Pigtails keine Flüssigkeit mehr förderten und es unserer Maus wieder zusehends schlechter ging. In dieser Zeit wurden für den Fall der Fälle die beiden Lungenreifespritzen verabreicht, die Kaiserschnittpapiere waren unterschrieben.

Da die zweite OP keine nennenswerte Besserung brachte und ich ein Mirror Syndrom entwickelt hatte, wurde unsere Maus in der 30. SSW per Kaiserschnitt entbunden. Wir erhaschten einen kurzen Blick auf ihren Hinterkopf, kein Schrei war zu hören. Prof. Schaible aus der Neonatologie wartete mit Prof. Kohl im Nebenraum zur Erstversorgung. Irgendwann die Info, dass sie lebt. 

Sie verbrachte die ersten 7 Wochen auf der Intensivstation der Klinik für Neonatologie in Mannheim, da es trotz Medikation und spezieller Diät weiterhin Probleme mit Körperhöhlenergüssen und Ödemen gab und die Beatmungssituation schwierig war. Darauf folgten eine Woche Aufenthalt in der Intermediate Care Station, dann zwei Wochen Normalstation. 

Die ersten Wochen waren unvorstellbar kräftezehrend. Es war nicht möglich, unsere Maus im Arm zu halten, da die Drainagen in ihrem Brustkorb, die die Flüssigkeit über zwei Pumpen aus ihrem Körper ableiteten auf keinen Fall ihre Position verändern durften. Die abgepumpte Muttermilch durfte sie aufgrund einer speziellen Diät, die bei Chylothoraxpatienten verabreicht wird, nur in Kleinstmengen zur Mundpflege bekommen. Es gab Situationen, in denen nicht klar war, ob wir die Klinik zu dritt würden verlassen können.
Doch irgendwann wurden aus (wie Prof. Schaible so schön gesagt hat) Mäuseschritten Elefantenschritte. Von der HFO-Beatmung wurde auf Nava, dann C-Pap, RAM- und schließlich Highflow-Brille umgestellt. Insgesamt drei Medikamentenentzüge wurden gemeistert.

Den ersten „Spaziergang“ im Kinderwagen werde ich nie vergessen: Die Maus war dick eingepackt, der Sauerstoffkonzentrator hing am Handgriff des petrolfarbenen Kinderwagens und wir liefen bei 4 Grad und Regen eine halbe Stunde lang immer die überdachte Brücke zur 30-4 hin und her, hin und her. Aber es war das Gefühl, nach dem wir uns so lang gesehnt hatten.
In Woche 8 erfolgte die langsame Umstellung der Spezialdiät auf Muttermilch. In Woche 9 durfte ich unsere Maus das erste mal stillen – das lange, zehrende Abpumpen hatte sich ausgezahlt – sie wusste trotz der langen Sondenernährung sofort, was zu tun war. Wir verließen die Klinik ohne Monitor drei Tage vor dem errechneten Termin unserer Tochter. Es folgten regelmäßige Ultraschallkontrollen bei unserem Kinderarzt und in der örtlichen Uniklinik. 

Unsere Maus hat kürzlich ihren ersten Geburtstag gefeiert und ist die wunderbarste und willensstärkste Löwenmaus, die wir uns vorstellen können. 

Aktuell befinden sich in ihrem Brustkorb noch ein Haltehaken und ein Pigtail-Katheter aus der ersten OP, die im Laufe diesen Jahres entfernt werden sollen. 

Wir sind unendlich dankbar, den Weg zu Prof. Kohl, Prof. Schaible und dem ganzen Team der 30-4 und 28-4 der UMM gefunden zu haben, die ermöglicht haben, dass unser kleines großes Wunder in diesem Moment neben mir schlummert.

Löwenmaus Eltern sind Teil des Patenprogramms des BFVEK e.V. und freuen sich über Ihre Kontaktanfragen mit unserem Online-Formular.

Sie brauchen Hilfe? Wir sind für Sie da!

Unsere Paten sind Familien, die in der selben Situation waren wie Sie. Die Paten stehen Ihnen für einen Austausch über das jeweilige Krankheitsbild, über Erfahrungen vor und nach der Geburt sowie ihre persönlichen Entscheidungswege zur Verfügung. Somit können Sie besser den idealen Weg für Ihre eigene Familie finden.