Joos hat im Laufe der pränatalen Untersuchungen die Diagnose Zystisch adenomatoide Malformation der Lunge (CCAM) für die Iinke Lungenseite erhalten.

Joos – Zum Leben geboren

Als ich am 24. Dezember 2011 zum ersten Mal einen positiven Schwangerschaftstest in den Händen hielt, traute ich meinen Augen nicht. Zu viele Jahre mussten wir auf diesen Moment warten. In der Silvesternacht flüsterte ich meinem Mann ins Ohr: “2012 wird unser Jahr“. Ich behielt Recht, allerdings kam alles anders als erwartet.

Die Schwangerschaft verlief bis zur 19. SSW völlig normal und komplikationslos und ich fühlte mich großartig. Am 03. April 2012 hatte ich wieder einen Termin bei meinem Gynäkologen. Während des Ultraschalls sah er gravierende Auffälligkeiten im Bereich der Lunge und des Herzens.

Er sprach von „CCAM oder Zwerchfellhernie“ – wir verstanden nur Bahnhof – und er besorgte uns umgehend einen Termin zur Pränataldiagnostik. Zwei Tage später erklärte uns der Prof dort anhand einer simplen Skizze, was auf dem Ultraschall zu sehen war:

Diagnose: makrozystische CCAM links.

Die linke Lunge hatte sich fehlgebildet. Diese linksseitigen Zysten nahmen so viel Platz ein, dass sich die rechte Lunge nicht entfalten konnte und auch das Herz wurde von seinem Platz auf die rechte Seite verdrängt (aber es schlug trotzdem tapfer weiter).

Eine Welt brach zusammen.

Die Zysten wurden von Woche zu Woche immer größer. Am 16. April 2012 wurde eine Punktion durchgeführt. 23ml Zystenflüssigkeit wurden aufgezogen. Zwei Wochen später wurde dieser Eingriff wiederholt, da sich die Zysten wieder mit Flüssigkeit gefüllt hatten.

Es gab Ärzte, die meinten, wir sollten doch warten, in einigen Fällen würden sich die Zysten selbständig wieder zurück bilden, andere gaben uns keine Chance…

Unser Arzt war nicht dieser Ansicht und empfahl uns einen Shunt zwischen Zyste und Fruchtwasser legen zu lassen, damit das Zystenwasser kontinuierlich abfließen könne. Dadurch erhoffte er sich, dass rechte Lunge und Herz wieder mehr Platz bekamen.

Trotz des Risikos wollten wir nichts unversucht lassen.

Am 08. Mai 2012 wurde der Eingriff durchgeführt, leider ohne Erfolg. Der Shunt rutschte in eine der Zysten und verweilte dort ohne Nutzen. Meine Fruchtblase erlitt ein Leck und die darauffolgende Nacht verlief schlaflos.

Am nächsten Morgen stellte der Gynäkologe fest, dass sich das Amnionleck verschlossen hatte.

Wir hatten so viel Glück, doch das Problem war nach wie vor nicht gelöst.

Nach einer Woche stationärem Aufenthalt konnte ich dann nach Hause. 9 Tage später fuhren wir wieder zur Pränataldiagnostik. Beim Ultraschallen sah ich nur noch Zysten, Zysten, Zysten…

Man riet uns nach Gießen zu Prof. Kohl zu fahren (neuer Standort seit 2018: Mannheim). „Wenn das jemand in den Griff bekommt, dann er.“, so sagte man uns.

Noch am selben Abend telefonierte ich mit Prof. Kohl und zwei Tage später stellten wir uns in Gießen vor.

Am 24. Mai 2012 wurde ich zum ersten Mal in Gießen operiert. Während der OP entschied sich Prof. Kohl keinen Shunt zu legen. Stattdessen wurde 1 Liter Fruchtwasser entfernt, 120ml Zystenflüssigkeit punktiert und ein Teil des Zystengewebes und Hauptzufluss der größten Zyste verödet.

Ein Anfang war gemacht. Nach einem 4-tägigen Krankenhausaufenthalt, während dem sich der Kreislauf wieder normalisierte, konnte ich heim.

17 Tage später lag ich erneut im OP. Es wurden 900 ml Fruchtwasser entfernt. Nach einer Woche wurden weitere Zysten verödet.

Ein MRT zeigte uns dann, was alle bereits ahnten: Die rechte Lunge war nach wie vor viel zu klein und die Situation blieb sehr kritisch. Prof Kohl schlug vor, einen Trachealballon zu testen. Von dieser Möglichkeit hatten wir bereits im Internet gelesen, vor allem von den Erfolgen.

Dass allerdings der Ballon noch nie zuvor bei einer CCAML eingesetzt wurde, wussten wir zunächst nicht. Auch er konnte uns nicht sagen, wie das kranke Zystengewebe auf die Ballontherapie reagieren würde.

Wir mussten diese Unsicherheit in Kauf nehmen, denn mit der extrem kleinen Lunge hätte unser Kind keine Chance gehabt.

Also wurde am 22. Juni 2012 der Trachealballon gelegt. In regelmäßigen Abständen wurde geschallt, um zu schauen, wie die Therapie anschlug.

Ich brauche sicherlich nicht zu betonen, wie erleichtert wir waren, als es hieß, dass es durch den Ballon zu keiner Vergrößerung der restlichen Zysten in der kranken Lunge kam und die rechte Lunge immer mehr an Volumen und Durchblutung zunahm.

Es folgten ein MRT am 29. Juni 2012 und eine gescheiterte Ballonentfernung am 11. Juli 2012.

Zwei Tage später wurde der Ballon nach 20 Tagen erfolgreich geleisteter Arbeit, entfernt. Während dieser Zeit lag ich stationär im Uniklinikum Gießen und musste mich extrem schonen, um bei den vielen Eingriffen einen vorzeitigen Blasensprung bzw. Wehen zu vermeiden.

Dank der eingehaltenen Bettruhe verlief alles ohne Zwischenfälle. Am 14. Juli 2012 wurde ich ans Uniklinikum Mannheim verlegt. Prof. Kohl hatte vereinbart, dass sich dort nach der Entbindung der Babylungenspezialist Dr. Schaible und sein Team um unserer Kind kümmern sollten.

In Mannheim musste ich am 20. Juli 2012 ein weiteres Mal ins MRT.

In der Nacht vom 24. Juli 2012 zum 25. Juli 2012 spürte ich Fruchtwasserabgang und Joos kam am 25. Juli 2012 um 10:14 Uhr per Kaiserschnitt in der 35+2 SSW auf die Welt.

Nur 5 Tage später konnte er operiert werden und brauchte keine ECMO.

Anschließend lag unser Sohn 90 Tage auf der Kinderintensivstation 30-4 und wurde dann auf die Neonatologie 28-4 verlegt, wo er bis zur Entlassung am 15. Dezember 2012 blieb.

 

Mittlerweile ist Joos 5 Jahre alt, stolzer Bruder von zwei Geschwistern und bringt uns täglich zum Staunen! Trotz seiner zarten Statur und seiner eingeschränkten körperlichen Belastbarkeit und größeren Infektanfälligkeit, geht es ihm gut! Er besucht einen Regelkindergarten, geht 1x wöchentlich zur Physiotherapie und zum Schwimmkurs, fährt wie selbstverständlich Fahrrad (gerne auch stehend oder nur mit einer Hand)!

Er kann jetzt pfeifen und trällert pausenlos … demnächst startet im Kindergarten ein Blockflötenkurs und er möchte unbedingt mitmachen…

Wir danken Prof. Kohl und seinem Team sowie Dr. Schaible und dem gesamten Team in Mannheim für das Leben unseres Kindes.

Die Eltern sind Teil des Patenprogramms des BFVEK e.V. und freuen sich über Ihre Kontaktanfragen mit unserem Online-Formular.

Sie brauchen Hilfe? Wir sind für Sie da!

Unsere Paten sind Familien, die in der selben Situation waren wie Sie. Die Paten stehen Ihnen für einen Austausch über das jeweilige Krankheitsbild, über Erfahrungen vor und nach der Geburt sowie ihre persönlichen Entscheidungswege zur Verfügung. Somit können Sie besser den idealen Weg für Ihre eigene Familie finden.