Die Geschichte von Lenni
Lenni hat im Laufe einer pränatalen Untersuchung folgende Diagnosen erhalten: vorzeitiger Blasensprung, Anhydramnion, Oligohydramnion
Obwohl wir überhaupt nicht mehr damit rechneten, wurde ich mit Ende 30 doch noch auf natürlichem Wege schwanger. Zuvor hatten wir etliche Behandlungen (inkl. OP) und Arztbesuche (Kinderwunschklinik, Urologe, TCM) hinter uns gebracht. Die ersten Wochen war mir dauerübel und die Kilos purzelten, da außer Zwieback nicht viel an Essen ging.
Als es Zeit für die Nackenfaltenmessung war (Termin am 7. März), bemerkte ich in SSW 14 an genau dem Tag Blutungen. Der Oberarzt in der Pränatalpraxis riet zu Krankschreibung und Bettruhe, war sonst nicht sonderlich beunruhigt wegen des Hämatoms an der Gebärmutter. Er wollte uns dennoch ein paar Wochen später erneut sehen, weil er wegen der Nabelschnurversorgung sicher gehen wollte. Ich hielt mich ruhig, verbrachte viel Zeit lesend auf der Couch und ansonsten ging es mir gut.
„Am 20. März wachte ich morgens auf und das Bett war nass.“
Mein Termin zum Ultraschall beim Gynäkologen ergab sehr wenig Fruchtwasser. Er fragte nach, wann denn der erneute Termin in der Pränatalpraxis sei und kümmerte sich um Vorverlegung.
Erneut in der Pränatalpraxis, kümmerte sich eine andere Ärztin um uns. Die Nabelschnurarterie war überhaupt kein Problem. Allerdings holte sie den Chef der Praxis hinzu. Gemeinsam erklärten sie uns dann, dass ein Oligohydramnion vorlag, welches eigentlich schon ein Anhydramnion sei. Die Ärztin ratterte fachliche Informationen nur so runter und endete im Satz „Da können Sie nichts für, das, was Ihnen da gerade passiert, ist Schicksal.“. Meinem Mann liefen die Tränen, ich war erstaunlicherweise sehr gefasst und ruhig. Die Ärztin meinte, es gebe in einer so frühen Schwangerschaftswoche keine Möglichkeiten. Der Chefarzt hingegen sagte: „Also, wenn Sie meine Frau wären, dann legen Sie sich stramm hin und probieren es.“
Ich wurde aus der Praxis in die gynäkologische Abteilung überwiesen. Die Ärztin dort (zu dem Zeitpunkt selbst schwanger) bestätigte die Diagnose und die eigentlich nicht vorhandene Therapiemöglichkeit. Sie fragte, ob ich denn lange gebraucht hätte, um schwanger zu werden (so nach dem Motto, „Dann probieren Sie es doch nochmal“). Sie war nicht ganz einverstanden mit dem Vorschlag des Chefarztes der Pränatalpraxis, dass ich mich stramm hinlegen sollte. Sie sagte, ich könne auch aufstehen, und es der Natur überlassen…
Vor SSW 24 würden sie nur mich retten, nicht das Kind. Zumal ja gar nicht klar sei, wie geschädigt es durch den Fruchtwassermangel sei.
Ich habe mich gegen ärztlichen Rat selbst entlassen, unter dem Versprechen, bei Fieber (beginnende Sepsis) wieder zu kommen. Am nächsten Tag saß ich wieder bei meinem Gynäkologen. Dieser telefonierte vorab mit dem Chefarzt der Pränatalpraxis, dem Oberarzt der Gynäkologie sowie dem UKE HH. Alle meinten, man könne es ja versuchen.
Von da an lag ich zu Hause. Mein Gynäkologe rief täglich abends an. Er nahm alle zwei Tage Blut ab (CRP Entzündungswerte), holte mich außer der Reihe, wenn mal wieder Fruchtwasser en masse abging, zum Ultraschall. Alle vierzehn Tage war ich in der Pränatalpraxis.
Es betreute uns fortan nur noch der Chef persönlich. Die Diagnose änderte sich jedoch nicht.
Auf dem Ultraschall konnte man wegen des wenigen Fruchtwassers eigentlich gar nicht viel erkennen.
Ende Mai sprach er dann von einer vermeintlichen Wende. Es sei zwar weiterhin wenig Fruchtwasser, aber nicht mehr zu wenig. Wir sollten uns auf ein Frühchen einstellen und auf mögliche Verformungen der Extremitäten. In welchem Maße, konnte uns niemand sagen.
Bei 32+6 hatte ich dann erneut einen Blasensprung und kam wieder ins Krankenhaus (Perinatalzentrum Level 1). Wegen Überfüllung der Neo wurde ich mit dem Rettungswagen verlegt in eine Klinik, die Frühchen in der SSW aufnimmt.
Eine Woche lag ich an der Antibiose, bekam die Lungenreifespritze und Wehenhemmer.
Bei 33+6 wurde ein geplanter Kaiserschnitt durchgeführt, da er zum einen falsch herum lag und eh niemand absehen konnte, ob er eine Spontangeburt schaffen würde. Meine größte Angst war ein Notfallkaiserschnitt, bei dem alle hektisch werden würden und jede Minute zählt.
Zum Glück blieb mir das erspart.
Er atmete von Anfang an allein!
Sein Knie lässt sich von Geburt an nicht richtig beugen, sonst wurden erstmal keine Auffälligkeiten bei der U1 und U2 wegen des Fruchtwassermangels festgestellt. Noch auf der Neo bekam er ein orthopädisches Konzil.
Nach der Entlassung starteten wir direkt mit Physiotherapie, bei der wir heute (20 Monate später) immer noch sind.
Seine weiteren Baustellen sind nicht alle dem Fruchtwassermangel geschuldet, er begründet nur manches deutlicher. Beispielsweise ist da die Motorik zu nennen. Hier ist er entwicklungsverzögert.
Hinzu kommt bei ihm die Frühgeburtlichkeit.
Er war anfälliger für einen Leistenbruch als Frühchen. Den hatte er mit neun Lebenswochen. Dem folgten Blockaden, die der Kinderarzt als Regulationsstörung abtat. Dabei flachte sich der Hinterkopf ab, weil er den Kopf nicht drehen konnte. Diese Blockaden wurden osteopathisch gelöst.
Es blieb ein auffälliger linker Sichelfuß. Eine Kinderorthopädin hält diesen für eine Folge des Fruchtwassermangels und meint obendrein, es sei ein Klumpfuß. Auf Ultraschallbildern wurde dies nie erkannt. Und der Fuß sah anfangs auch nicht so aus.
Jedenfalls bekam er im zarten Alter von fünf Monaten jede Woche einen neuen Gips und anschließend eine Schiene. Ein spezielles Lagerungskissen verbesserte seinen Kopf, weil wir uns gegen eine Helmtherapie entschieden. Er erhält Frühförderung, zuzüglich zur Physio und wird im SPZ regelmäßig angeschaut. Alles habe ich in Bewegung gesetzt, da von Arztseite leider nicht viel kam. Er geht seit August `19 zu einer Tagesmutter und macht einen zufriedenen Eindruck.
Typisch Frühchen schlagen ihm Erkältungen auf die Lunge. Mehrere Bronchitiden haben ihn außer Gefecht gesetzt sowie eine Lungenentzündung (in einem mildem Winter). Er erhielt deswegen Flutide und einen Spacer.
Er läuft seit Ende Januar und bekam im März sein erstes Paar Schuhe. Er ist soooo stolz darauf.
Aktuell humpelt er seit ein paar Tagen und wurde von mehreren Ärzten durchgecheckt. Wir hoffen, dass es nur ein „Knieschnupfen“ ist und nicht in Richtung Arthritis geht.
Das wird die Zukunft zeigen – und auch das würden wir hinkriegen.
„Jeden Tag beweist uns dieser kleine tolle Kerl, dass es absolut richtig war, nicht aufzugeben.„
Die Eltern sind Teil des Patenprogramms des BFVEK e.V. und freuen sich über Ihre Kontaktanfragen mit unserem Online-Formular.
Sie brauchen Hilfe? Wir sind für Sie da!
Unsere Paten sind Familien, die in der selben Situation waren wie Sie. Die Paten stehen Ihnen für einen Austausch über das jeweilige Krankheitsbild, über Erfahrungen vor und nach der Geburt sowie ihre persönlichen Entscheidungswege zur Verfügung. Somit können Sie besser den idealen Weg für Ihre eigene Familie finden.
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