Ivetta hat im Rahmen pränataler Untersuchungen die Diagnose Hydrothorax / Chylothorax erhalten.

Wir sind Allen so dankbar, die an der Behandlung und Genesung unserer Tochter beteiligt waren. Unsere Tochter war ein absolutes Wunschkind und wir haben uns auf unser zweites Kind sehr gefreut. Die zweite Schwangerschaft wollte ich besonders genießen, da man ja schon weiß, was für ein Wunder die Schwangerschaft mit sich bringt.

Bei den üblichen Untersuchungen der Frauenärztin wurden auffällig große Zysten an den Eierstöcken festgestellt. Darauf kam die Überweisung an eine Klinik, an der ich zehn Tage später einen Termin hatte. Ich war in der 19. Schwangerschaftswoche, als bei meinem ungeborenen Mädchen Hydrothorax festgestellt wurde.

Für mich ist die Welt zusammengebrochen, als der Arzt mir die Folgen erklärt hat. In so einem Moment kann man keinen normalen Gedanken mehr fassen. Unwissenheit, Hilflosigkeit, Angst und Schuldgefühle machen sich breit. Die Ungewissheit, wie es weitergehen soll und ob man überhaupt was machen kann.

Der Arzt verwies mich an die Kollegen in Gießen, da diese die Spezialisten bei so einer selten auftretenden Krankheit wie einem Hydrothorax seien. Wir stellten uns 1000 Fragen, auf die man eigentlich nur eine Antwort hören möchte. Manche Fragen habe ich mich nicht mal getraut zu fragen, weil ich Angst vor der Antwort hatte.

In der Pränataldiagnostik der Klinik Gießen angekommen, habe ich mich gleich an der richtigen Adresse gefühlt. Die Ärzte wie Prof. Kohl (neuer Standort Prof. Kohl: Mannheim) sahen unsere Hilflosigkeit und haben uns mit sehr viel Feingefühl aufgeklärt. Mehr noch – sie gaben uns Hoffnung. Ich wusste, dass die Medizin heute sehr fortgeschritten ist, aber dass man in diesem Fall etwas machen kann, war für mich unfassbar.

Professor Dr. Kohl erzählte uns, dass ein Katheter (Shunt) beim Kind eingesetzt wird, der die Flüssigkeit aus der Lungenkammer in das Fruchtwasser ableitet. Anschließend folgten die Untersuchungen der Flüssigkeit. An dem Tag der OP war ich sehr nervös, aber auch erleichtert, dass ich endlich meinem Kind helfe. Ich würde 100 solcher OPs über mich ergehen lassen, um meinem Kind zu helfen.

In dem Moment dachte ich an Vieles. Hoffentlich tut es ihr nicht weh, wieso mein Kind? habe ich mich immer gefragt. Habe ich was falsch gemacht? Habe ich das Recht, mich so einzusetzen? Will mir Gott etwas damit sagen? Wie geht es aus? Kann mein Kind damit leben und ich? Wird sie es mir vorwerfen, wenn es nicht gut ausgeht? Sehr viele Fragen, auf die es keine Antwort gibt.

Mein Mann und ich haben uns die Frage anders gestellt: Haben wir das Recht aufzugeben und können wir damit leben?

Wir waren uns einig, dass solange es Hoffnung gibt, wir für unser Kind kämpfen werden. In der 21. Woche folgte die erste OP, während der ein Shunt an der rechten Lungenkammer eingesetzt wurde, die ein voller Erfolg war. Die Flüssigkeit konnte aus dem Brustkorb in die Fruchthöhle abfließen. Es wurde so wieder Platz für die Lunge geschaffen und den Kreislauf wurde entlastet.

Zwei Wochen später folgte die zweite Shunt-OP an der linken Seite, die genauso ein voller Erfolg war. Es stellte sich heraus, dass es die Lymphflüssigkeit (Chylothorax) war, die die Lungenkammer flutete. Diese Variante wäre nach der Geburt durch eine Diät am besten therapierbar.

Die Zuversicht stieg, aber es gab auch Momente, wo ich auch frustriert war, als die Flüssigkeit immer wieder zunahm. Kann es noch gut ausgehen? Ich hatte immer mit großer Sehnsucht auf die Ultraschalluntersuchungen gewartet, mit dem Wunsch was Gutes zu hören. Bei den regelmäßigen Untersuchungen hat der Arzt in der anderen Klinik uns in der 30. Schwangerschaftswoche mitgeteilt, dass es sehr schlecht um unsere Tochter steht. Dass sie viele Ödeme habe und dass er keine Hoffnung mehr sieht. Der Arzt hat uns anschließend über die Variante Schwangerschaftsabbruch aufgeklärt. Ich habe jetzt noch Tränen in den Augen, wenn ich an diese Zeit zurückdenke. Die Welt ist zusammengebrochen!

Ich habe anschließend meinen Sohn nicht mehr aus den Händen lassen wollen, es hat unheimlich wehgetan. Wie soll ich einem dreijährigen Jungen erklären, dass er doch kein Schwesterchen bekommt? Diese haben wir uns alle doch so sehr gewünscht.

Spät abends kam der rettende Anruf von Dr. Degenhardt, der uns herzlichst aufforderte, doch bei ihm und Prof. Dr. Kohl vorbeizukommen, da er die Umstände doch anders gesehen habe. Ich dachte nur: Ist es echt oder träume ich? Können Ärzte so einer unterschiedlichen Meinung sein? Aber jeder Funken Hoffnung gab Mut, um weiterzumachen.

In der Klinik angekommen warteten Dr. Degenhardt und der Kinderarzt Dr. Faas auf uns. Sie waren beide der Meinung, dass jetzt auf keinen Fall der Moment war, um aufzugeben, nachdem wir so weit gekommen waren. Dass sie durchaus manchmal schlechte Nachrichten übermitteln müssen, aber hier ist es nicht der Fall. An das Gespräch erinnere ich mich nur sehr verschwommen, da man vor lauter Angst nicht mehr aufnahmefähig ist.

Am nächsten Tag (ca. 30. SSW) fand die dritte OP an beiden Lungenhälften statt mit wieder mal einem super Ergebnis. Ich habe mir nach jeder OP Gedanken gemacht, bitte nur kein Blasensprung, sie ist doch noch so klein, sie muss doch noch wachsen und sich weiterentwickeln, damit sie überleben kann. Unser Ziel war es, wenigstens 30 Wochen zu schaffen.

Wir haben es bis zur 33. Woche geschafft. Nachdem die Flüssigkeit weiter zugenommen hatte, beschlossen die Ärzte die Maus zu entbinden. Man macht immer weiter was nötig ist, damit sie irgendwann, so spät wie es nur geht, gesund zur Welt kommen kann.

Als der Tag der Entbindung festgelegt wurde, war in mir Leere. Es gab nichts mehr, was ich tun konnte. Jetzt kam der Moment, auf den wir so eisern hingearbeitet haben.

Vor diesem Moment hatte ich eine Riesenangst. Was passiert danach? Ist die Lunge in der Lage, unsere Maus ordentlich mit Sauerstoff zu versorgen?

Die Nacht war sehr lang. Die Vorbereitungen gingen aber sehr schnell vorüber und dann lag ich da und hoffte nur: bitte bitte, lass mich ihr lautes Schreien hören. Als ich ihr lautes kräftiges Schreien gehört hatte, kamen mir die Tränen. Ich habe meinen Mann sofort zu ihr geschickt, ohne einen Blick auf sie werfen zu können. Sie schrie ziemlich lang und kräftig. Ich dachte nur: Sie muss doch alleine atmen können, sonst kann man doch nicht so schreien. Nach einer gefühlten Ewigkeit kam die erste Entwarnung, dass sie allein atmen kann. Alles Weitere musste noch untersucht werden.

Unsere kleine Kämpferin war ein Überflieger, wie die Ärzte gesagt haben. Sie kam mit 33 Wochen mit 2800 g und 47 cm zur Welt. Nach drei Tagen ist sie von der Intensivstation auf die Neu- und Frühgeborenen-Station (Moro Station) verlegt worden. Die Diättherapie hat gut angeschlagen und nach vier Wochen durften wir unser Engelchen mit nach Hause nehmen.

Die Tage voller Angst und Hoffnung, die wir in der Klinik und auch am Bett unserer Tochter verbracht haben, vergesse ich nie, aber es hat sich gelohnt und ich bin unendlich dankbar, dass wir solche Menschen an unserer Seite hatten, die uns ermutigten weiterzumachen.

Es gibt Wunder! Wir haben eins. Auch wenn ich es mir am Anfang nicht zutraute, dass wir das schaffen würden. Man wächst über sich hinaus – für das Liebste auf der Welt schafft man es.

Vielen Dank an die Ärzte, die uns begleitet haben. Trotz Feierabend waren sie immer mit Hingabe für uns da. Wir werden es nie vergessen.

 

Stand November 2014:
Heute ist Ivetta fast 5 Monate alt, wird voll gestillt, wiegt 7300 g, ist 65 cm groß und ist ein sehr aktives Baby.

 

Stand Dezember 2020:
Heute ist Ivetta 6 Jahre alt, besucht die Schule und ist ein ganz normales, fittes und sportliches Kind mit einer vorgeburtlichen Geschichte, die einem Wunder gleicht. Mit 5 Jahren sind auf beiden Seiten die beiden Shunts operativ entfernt worden. Diese sind bei der Geburt in Ivettas Brustkorb hineingerutscht und seitdem dort verblieben.

Ivettas Eltern sind Teil des Patenprogramms des BFVEK e.V. und freuen sich über Ihre Kontaktanfragen mit unserem Online-Formular.

Sie brauchen Hilfe? Wir sind für Sie da!

Unsere Paten sind Familien, die in der selben Situation waren wie Sie. Die Paten stehen Ihnen für einen Austausch über das jeweilige Krankheitsbild, über Erfahrungen vor und nach der Geburt sowie ihre persönlichen Entscheidungswege zur Verfügung. Somit können Sie besser den idealen Weg für Ihre eigene Familie finden.